Minus und Minus ergibt nicht immer Plus

Pressemitteilung:
Zum CDU-Vorschlag Gewerbesteuersenkung, 24.10.2022 NGZ-Artikel

Die Idee einer Gewerbesteuer-Oase Neuss ist nicht solide und unsolidarisch

Das Ansinnen der CDU, den Gewerbesteuersatz in Neuss auf 250 Prozentpunkte fast zu halbieren und damit Gewerbesteuerdumping zu betreiben, ist kein Befreiungsschlag, sondern ein gewaltiges 70-Millionen-Euro-Eigentor. Ein Eigentor, das den Bürgerinnen und Bürgern in Neuss teuer zu stehen kommen wird. Bei den gewünschten Effekten – Neuansiedlungen und Mehreinnahmen – bleiben die Christdemokraten zurückhaltend und sprechen von „könnte“ und „glauben“. „Die CDU will jährlich auf Einnahmen in Höhe von 80 Mio. Euro und mehr verzichten, ohne zu wissen, ob und wann sich die Idee rechnet. Das ist keine Finanzpolitik, die wir unterstützen“, kommentiert Manfred Haag als finanzpolitischer Sprecher von Bündnis 90/DIE GRÜNEN die Idee der CDU.
Sicher ist, die Mindereinnahmen würden den Haushalt 2023 und alle weiteren direkt belasten, Ansiedlungen von Unternehmen würden jedoch erst in ein paar Jahren Wirkung zeigen. Der unsolide Vorschlag würde das vom Kämmerer erwartete Minus des städtischen Haushalts allein im kommenden Jahr von ca. 28 Mio. Euro auf knapp 110 Mio. Euro fast als vervierfachen. In den Folgejahren würden die Mindereinnahmen aus der gesenkten Gewerbesteuer sogar auf 120 Mio. Euro steigen.
„Minus und Minus ergibt nicht immer Plus“, fasst der Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/DIE GRÜNEN Pedro Domingo Hernández López den CDU-Vorschlag zusammen.

Zonser Erklärung aufrechterhalten

Wenn eine Großstadt wie Neuss seinen Hebesatz für die Gewerbesteuer aggressiv senkt und damit zur Gewerbesteueroase wird, ist absehbar, dass weitere Kommunen im Umkreis nachziehen müssen. Die Folge ist, keine Kommune hat mehr einen Steuervorteil, der Anreiz für Unternehmen, ihren Standort zu wechseln, verfällt. „Was bleibt sind gewaltige Löcher in den bereits angespannten kommunalen Haushalten. Bezahlen müssen das dann am Ende unsere Bürgerinnen und Bürger durch höhere Grundsteuern und geringere kommunale Leistungen. Das ist unsolidarisch“, sagt Bettina Weiß als stellvertretende Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/DIE GRÜNEN.
Um diesen ziellosen Unterbietungswettbewerb zu vermeiden, hat sich Neuss zurecht der Zonser Erklärung angeschlossen. Umso ärgerlicher, dass sich die CDU hiervon verabschiedet. Diese unsolidarische Finanzpolitik führt dazu, dass freiwillige Leistungen wie Schwimmbäder, die Eissporthalle oder die Bibliothek nicht mehr finanziert werden könnten. Die Schließung solcher Einrichtungen bedeuten einen Standortnachteil und werden eher weniger Unternehmen anziehen. „Die CDU sollte lieber zur vernünftigen Sacharbeit zurückkommen, anstatt Populismus auf dem Rücken der Bürgerinnen und Bürger zu betreiben. Wir als GRÜNE haben das Gemeinwohl im Auge und setzen uns weiter für eine lebenswerte Stadt ein“, äußert sich Susanne Benary als erste stellvertretende Bürgermeisterin von Neuss und sozialpolitische Sprecher von Bündnis 90/DIE GRÜNEN.  

Steuerdumping nicht vereinbar mit schwarz-grüner Landespolitik

Der neuen schwarz-grünen Koalition in NRW waren die Auswirkungen des Steuerdumpings zwischen den Kommunen bewusst. Deshalb einigte man sich darauf, dieses Vorgehen unattraktiv zu machen. „CDU und Grüne haben auf Landesebene in ihrem Koalitionsvertrag richtigerweise vereinbart, gemeinsam gegen die bereits bestehenden Gewerbesteueroasen in NRW vorzugehen. Offensichtlich scheint die Neusser CDU dies wenige Monate nach dem Start von Schwarz-Grün bereits wieder vergessen zu haben. Stattdessen möchte sie Neuss selbst zur Steueroase machen. Das ist bedauerlich und der falsche Weg“, zeigt sich auch der heimische Landtagsabgeordnete Simon Rock verwundert über die Ergebnisse der CDU-Klausurtagung.

Update 04.11.2022
Die, von der Neusser CDU berechneten, direkten Mindereinnahmen einer Gewerbesteuersenkung belaufen sich im ersten Jahr nicht auf ca. 70 Mio. € sondern auf über 80 Mio. € und würde in den Folgejahren weiter ansteigen. Das liegt an nicht berücksichtigten Zahlungen an den Bund und sinkender Zuweisungen des Landes, so ergeben es Berechnungen des Kämmerers der Stadt. Wir haben in der ersten Version der Pressemitteilung die niedrigeren Zahlen der CDU übernommen.