Artikel aus der NGZ vom 25.05.2017:
Die Ergebnisse des ADFC-Fahrradklimatests sind ein Fingerzeig – und der kann durchaus schmerzen. „Aber so ein Test soll ja auch den Finger in die Wunde legen“, sagt Roland Kehl, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen in Neuss. Obwohl die Stadt Neuss in der Vergangenheit eine ganze Reihe an Maßnahmen zur Ertüchtigung des Radwegenetzes in die Wege geleitet hat, reicht es im jüngsten Fahrradklimatest nur für Rang 19 von 38 unter den Städten zwischen 100.000 und 200.000 Einwohnern. Im Vergleich zu den Ergebnissen von 2014 ist das eine kaum merkliche Verbesserung von zwei Rängen. Vor allem aber fällt die Gesamtbewertung im Schulnotensystem genauso aus wie 2014. Am Ende steht ein Schnitt von 3,9. Um im Schuljargon zu bleiben, ließe sich der Schluss folgern: All die Nachhilfe der vergangenen Jahre hat nichts gebracht. Aber das lässt Roland Kehl so nicht stehen. „Wir haben viel auf den Weg gebracht, auch planerisch ist es deutlich besser geworden. Aber das hat sich im Testergebnis noch nicht niedergeschlagen.“
Der Fahrradklimatest wird vom ADFC als Zufriedenheits-Index der Radfahrer in Deutschland beschrieben. In Neuss haben sich 350 Bürger beteiligt. „Es sind natürlich subjektive Wahrnehmungen. Und es beteiligen sich Bürger, die kritisch mit dem Thema umgehen“, sagt Kehl. Der ADFC hatte die Werbetrommel zur Teilnahme gerührt, in Neuss hatte Sprecher Heribert Adamsky wiederholt darauf hingewiesen.
Positiv bewerten die Neusser die gute Erreichbarkeit des Stadtzentrums mit dem Fahrrad und dass alle Ziele zügig anzusteuern seien. Zudem würden besonders viele Neusser das Rad als Verkehrsmittel nutzen. Negativ bewertet werden vor allem drei Punkte: schlechte Ampelschaltungen für Radfahrer, eine zu seltene Falschparkerkontrolle sowie mangelnden Winterdienst auf Radwegen. Darüber hinaus gebe es zu wenig öffentliche Fahrräder. „Zudem ist der Zustand vieler Radwege immer noch stark verbesserungswürdig“, meint Kehl. „Aber da wurde bereits einiges auf den Weg gebracht.“ Die Losung lautet jedoch: Viel, aber womöglich noch nicht genug.
Im Bauausschuss hat die Verwaltung neulich eine Liste mit den seit 2012 im Zuge des Deckenerneuerungsprogramms, das auf die einfache Sanierung von Radwegen abzielt, ergriffenen Maßnahmen vorgelegt. Ziel ist es, tiefergehende Schäden zu vermeiden. Rund 1,1 Millionen Euro wurden seit 2012 investiert. Mit der Liste zeigt sich die Politik nur bedingt zufrieden. Vor allem die Grünen machten sich im Bauausschuss für ein weitergehendes Programm stark. Peter Ott (SPD) monierte, der Maßnahmenkatalog der Verwaltung liste pro Jahr lediglich sechs Sanierungsvorhaben auf. „Unser Ziel muss es sein, dass die Radwege den gleichen Stellenwert wie die Autostraßen bekommen“, sagt Kehl. Er geht davon aus, dass sich die Maßnahmen langfristig im ADFC-Fahrradklimatest niederschlagen. Die Fahrradförderung in jüngster Zeit jedenfalls wird in der Umfrage bereits positiv bewertet.
Mit der Aufnahme in die Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Kommunen (AGFS) hat Neuss bereits einen weiteren Schritt getan. Ziel ist die Förderung der Nahmobilität – auch im Austausch mit anderen Städten und Gemeinden, von deren Erfahrungen Neuss profitieren kann.
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