Haushaltsrede zur Verabschiedung des Haushaltsentwurfes 2017

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Michael Klinkicht Fraktionsvorsitzender

 von Michael Klinkicht, Fraktionsvorsitzender BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

Es gilt das gesprochene Wort! Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

das Jahr 2016 neigt sich dem Ende zu und das Jahr 2017 mit Bundes- und Landtagswahlen wirft seine Schatten voraus. Täglich publizieren sich die jeweiligen Kandidaten in den Medien und Herr Jansen soeben noch einmal für sich in seiner Haushaltsrede. Alles was er sagt, mag hübsch klingen, wird allerdings deshalb nicht richtiger. Eines vorweg: Die Behauptung, dass CDU und Grüne durch den Nichtankauf des Whitesell-Geländes politische Steuerung aus der Hand gegeben und nun einem profitorientierten Investor überlassen hätten, ist nicht richtig. Richtig ist vielmehr, dass wir als Rat der Stadt Neuss die Planungshoheit über dieses Gelände haben und nicht irgendein Käufer. Wenn wir preiswerten Wohnungsbau an der Stelle wollen, dann schreiben wir das vor und wenn wir dort keine Einkaufsmall wollen, dann schreiben wir das ebenfalls vor. Allerdings glaube ich nicht, Herr Jansen, dass Sie an dieser Stelle ausschließlich sozialen Wohnungsbau  wollen. Wir wollen ein  Mischgebiet und kein neues Ghetto schaffen. Unabhängig davon, was der Investor dem Insolvenzverwalter gezahlt haben mag, weiß er genauso gut wie Sie, dass er Altlasten vorfindet und eine Industriebrache erworben hat. Eine weitere Entwicklung des Geländes wird nur in Zusammenarbeit mit uns funktionieren. CDU und Grüne haben vielmehr verantwortungsvoll gehandelt, als sie den Kauf zu den damaligen Konditionen, mit Unwägbarkeiten im Boden und Einrichtung einer Flüchtlingsunterkunft an dieser Stelle, abgelehnt haben. Vielmehr begrüßen wir nun den Ankauf durch einen Investor und freuen uns auf die gemeinsame Entwicklung des Quartiers.

Während Koalition und Opposition über den richtigen Weg streiten, zieht Bürgermeister Breuer gemächlich seine Runden als Kameltreiber über den Markt von Abu Novesia auf der Suche nach Erleuchtung zum Ausgleich des Haushaltes.

In der Zwischenzeit wollen wir auf ein ereignisreiches Jahr zurückblicken:

Die Flüchtlingsunterbringung beschäftigte uns in diesem Jahr und wird es auch im kommenden, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen und wir werden auch weiterhin gemeinsam für eine gute Unterbringung und Versorgung in dieser Stadt sorgen, dessen bin ich mir sicher. Unser Dank gilt dem guten, besonnenen und vorausschauenden Handeln der Verwaltung. Es ist der Verwaltung gelungen, die Flüchtlinge gut unterzubringen und zu versorgen, auch dank des ehrenamtlichen Engagements vieler Neusser Bürgerinnen und Bürger. Wir möchten bei der Entwicklung weiterer Unterkünfte noch einmal nachdrücklich fordern, dass der Beschluss, die Flüchtlinge auf alle Stadtteile in kleinen Einheiten unterzubringen, eingehalten wird, auch wenn jetzt für eine Übergangszeit das Alexianer-Krankenhaus noch als Unterkunft genutzt werden soll.

Wir erwarten, dass in den Stadtteilen, in denen Standorte verworfen wurden, nach Ersatzflächen gesucht wird. Wir sind guten Mutes, dass die Verwaltung auch weiterhin mit Augenmaß arbeitet.

Auch im Jugendbereich arbeiten Verwaltung und Politik mit Augenmaß. Natürlich kann ich jedes Jahr den beitragsfreien Kindergarten einfordern und natürlich findet der eine Mehrheit im Rat, wenn denn die Finanzierung seriös darstellbar ist. Aber bei einem Haushaltsdefizit von über 20 Millionen Euro, welches bereits als strukturelles Defizit eingestuft wird, fehlt der Stadt derzeit einfach das Geld um diesen Schritt zu vollziehen. Nichtsdestotrotz leisten wir in diesem Bereich auf freiwilliger Basis viel. Wir halten den hohen Standard, wir bauen Angebote weiter aus und behalten das Kindeswohl im Auge. So wurde beispielsweise die Kinderschutzambulanz mit zusätzlichen finanziellen Mitteln ausgestattet. Außerdem setzt sich das Jugendamt sehr dafür ein, dass Kinder und Jugendliche in Entscheidungsprozesse mit eingebunden werden. So konnte ein Konzept für den Erhalt der Bolzplätze mit Beteiligung der Jugendlichen erstellt  werden.

Bürgermeister  Breuer zieht unterdessen ein Kamel hinter sich her. Wobei nicht erkennbar ist, ob es sich hierbei um einen Mitarbeiter des Rathauses handelt oder  um Tierquälerei.

Hier spanne ich den Bogen zu den Gänsen am Jröne Meerken:

Denn die Neubesetzung des Amtes für Umwelt, Stadtgrün und Sport mit Dr. Matthias Welpmann trägt erste Früchte! Im Umwelt- und Grünflächenbereich ist nach jahrelangem Kaputtsparen nun mit der Besetzung der Leitungsfunktionen und mit zusätzlicher Einstellung von Personal im Grünbereich die Voraussetzung geschaffen, dass die Aufgaben in Zukunft besser wahrgenommen werden können. Erste Erfolge zeigen sich bei der Verbesserung der Wasserqualität des Sees im Jröne Meerken und bei der personalintensiven Grünpflege.

Bei der Bekämpfung der Folgen des Klimawandels hat Neuss die Nase vorne. Wir begrüßen es sehr, dass ein Klimaschutzkonzept auf den Weg gebracht und eine Klimaschutzmanagerin eingestellt wurde. Auch wenn wir nur einen kleinen Beitrag leisten können, ist es doch so wichtig, dieses Zeichen zu setzen.

Auch im Sportbereich können wir Impulse setzen. Die von Grünen und CDU eingesetzte Arbeitsgruppe,  der sich die SPD lange Zeit verweigerte, hat mit professioneller Hilfe einen Sportentwicklungsplan fertig gestellt, auf dessen Basis wir die Sportstättenlandschaft schrittweise entwickeln und modernisieren können. Zwei Allwetterplätze im kommenden Jahr in Gnadental und Norf sind ein guter Anfang.

Währenddessen ringt Reiner Breuer mit dem armen Kamel…

und wir ringen im Schulausschuss, wie die Fördermittel des Landes für Gute Schule 2020 sinnvoll einzusetzen sind. Wir ringen so intensiv um die richtigen Maßnahmen, dass wir das zu erwartende Geld am Ende der Beratung gleich zweimal ausgegeben haben. Allerdings sind wir sehr froh, dass sich am Ende der Auseinandersetzung CDU und Grüne mit Ihrer Forderung nach einem Neubau der Dreikönigenschule am alten Standort und einem Anbau an der Karl-Kreiner-Schule durchgesetzt haben. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass bei den geplanten Baumaßnahmen selbstverständlich die digitale Ausstattung der Klassenräume mit einbezogen werden müssen, um zukünftiges Lehren und Lernen möglich zu machen.

Der Bürgermeister versucht offensichtlich, dem Kamel Informationen zu Aladins Wunderlampe abzupressen. Wahrscheinlich in der Hoffnung, über diesen höchst zweifelhaften Weg den Haushalt sanieren zu können. Der Kaftan weht im Wind und der Turban nimmt ihm schon die Sicht…

…während wir im Kulturbereich mit Weitsicht gestalten. Mit der Wiedereinführung der Kulturnacht, die wieder sehr gut angenommen wurde, konnten die Kulturinstitute einer breiten Bevölkerungsschicht nahe gebracht werden. Wir beobachten mit Freude auch eine wachsende Zusammenarbeit der einzelnen Sparten miteinander, so dass die Kulturszene verstärkt als Ganzes wahrgenommen wird. Die Sichtbarmachung unserer historischen Gebäude steht kurz vor der Umsetzung und die Sicherung der römischen und mittelalterlichen Spuren ist in Auftrag gegeben. Mit unserem Koalitionspartner haben wir uns für die einmal im Monat kostenlose sonntägliche Öffnung des Clemens-Sels-Museums eingesetzt, um ein breiteres Publikum auf unser Museum aufmerksam zu machen.

Jetzt erst sieht man, dass Reiner Breuer nicht läuft, sondern fährt und zwar auf glattem Parkett…

….währenddessen fahren Grüne mit dem Rad und kommen gut voran. Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Absicht, den Radverkehr in Neuss zu stärken, nimmt Gestalt an, und dabei meine ich gewiss nicht die Ansiedlung eines großen Fahrradhändlers im Hammfeld. Denn wer diesen fordert, muss sich darüber im Klaren sein, dass die bestehenden Händler und ein weiterer natürlich nur überlebensfähig sind, wenn wir in Neuss als fahrradfreundliche Kommune  auch entsprechend die Fahrradwege ausbauen und die bestehenden mit entsprechenden Geldern so sanieren, dass diese auch befahrbar sind. Dazu gehört Mut, denn nicht nur die Autofahrer, auch die Radfahrer brauchen eine entsprechende Lobby im Rat. Diesen Mut habe ich bei vielen Stadtverordneten beispielsweise beim Ausbau der Kanalstraße vermisst, weshalb wir das Thema noch einmal auf die Tagesordnung rufen werden.

Aber wir sind guten Mutes, denn gerade wird die Bergheimer Straße umgebaut und erhält zusätzlich einen Radweg stadteinwärts. Auch die gegenläufige Öffnung von Einbahnstraßen kommt voran, und die Planung des Radschnellweges und eines Radweges von Grimlinghausen nach Gnadental ist auf einem guten Weg. Wir betreiben die Stärkung des Radverkehrs nicht aus ideologischen Gründen, wie einzelne politische Gegner behaupten, sondern wollen den Verkehr in Neuss flüssig halten. Denn ohne dass mehr Menschen auf ÖPNV und Rad umsteigen, werden die Staus an vielen Stellen der Stadt zunehmen. Ich möchte mich ausdrücklich beim ADFC und der neuss agenda 21 bedanken, die immer wieder mit konstruktiven Vorschlägen das Thema voran bringen. Es ist geradezu grotesk und peinlich, wenn die FDP im Umweltausschuss die Streichung der Mittel für den Agendaverein beantragt, um konstruktive Ideen und sicher auch Kritik zu unterbinden. Gut, dass dieser zukunftsfeindliche Verein namens FDP , der heute immer noch der Auto- und Kohlelobby nach dem Mund redet und Fahrradwege und Windräder bekämpft, in der Opposition ist.

Reiner Breuer nimmt wieder Fahrt auf, allerdings nicht auf dem Rad sondern auf Schlittschuhen. Das Kamel hat seinen Widerstand offensichtlich aufgegeben und scheint dem Bürgermeister die gewünschten Informationen zu geben, denn dieser strahlt plötzlich.    Ob wegen des nahen Endes des Eislaufmärchens oder aus Zuversicht über einen möglichen Haushaltsausgleich,  ist allerdings nicht zu erkennen.

Während wir noch am Anfang stehen, nämlich bei der Schaffung von preiswertem Wohnraum,  ist unser Bürgermeister jedenfalls bereits am Ende… seines Eislaufmärchens angelangt.

Wir waren in den vergangenen Jahren (inklusive Bauverein) zu nachlässig bei der Schaffung preiswerter Wohnungen. Jetzt haben wir mit einigen wichtigen Entscheidungen die Weichen neu gestellt, indem wir Ziele für die Schaffung von preisgünstigem Wohnraum definiert und eine „Sozialquote“ bei größeren Bauvorhaben eingeführt haben. Die Investoren halten sich mittlerweile an diese Vorgaben und einige dieser Projekte, wie z.B. an der Weberstraße, befinden sich gerade in der Planung und/oder Umsetzungsphase. Wir sind guten Mutes, dass wir unsere gesteckten Ziele erreichen werden, zumal wir bei Industrieflächen (Pierburg, Eternit, Leuchtenberg, Whitesell), die nicht mehr als Industriestandort geeignet sind, eine große Anzahl Wohnungen in Innenstadtnähe umsetzen können.

Der Bürgermeister hat das glatte Parkett ohne größere Blessuren aber im Besitz von Aladins Wunderlampe verlassen und versucht ihr nun  die notwendigen Informationen zu entlocken, um den Haushalt zu konsolidieren. Er reibt an ihr, worauf ein böser Krieger der Lampe entweicht und Millionen verspricht, wenn….

…Verwaltung und Stadtrat nicht mehr weiter wissen.

Das prognostizierte Haushaltsdefizit für 2017 liegt aktuell etwa bei 20,6 Millionen Euro, wenn sich die Gewerbesteuereinnahmen nicht kurzfristig noch erhöht haben. Die Wünsche der Politik gab nicht zum Nulltarif, und die Pflichtausgaben steigen ebenfalls.

Haben wir den Haushalt 2016 schon aus Grundstücksverkäufen konsolidiert, steht uns diese Maßnahme für 2017 ebenfalls bevor. Die Einsparpotentiale sind gering, da über 90 Prozent der Ausgaben Pflichtausgaben sind. Bleibt andererseits nur die Möglichkeit, mehr Einnahmen zu generieren. Diese Option ist allerdings unbeliebt, da sie eine Anhebung der Grund- und/oder Gewerbesteuer bedeutet, da diese die einzigen größeren und selbst bestimmbaren Einnahmequellen der Kommune sind. Für das Wahljahr 2017 natürlich undenkbar, womit ich wieder beim Anfang meiner Rede angelangt bin.

Der Rat hat zwischenzeitlich eine HH-Konsolidierungsgruppe, bestehend aus Verwaltung und Politik, auf den Weg gebracht, um alle Ausgabenblöcke auf den Prüfstand zu stellen um so Einsparpotentiale zu entdecken und zu heben. Die Ergebnisse werden aber erst beim HH 2018 greifen.

Der Dschinn namens Krieger ist aus der Flasche entwichen und nicht so einfach einzufangen. Wir hätten mit Skonto die Einzelhandelswelt an dieser Stelle abschließen können, um die Restflächen gemeinsam mit Krieger als Gewerbeflächen zu entwickeln. Leider scheint in diesem Rat niemand unserem Vorschlag folgen zu wollen, stattdessen wollen alle lieber die schnellen Millionen kassieren. Es wundert schon, dass von FDP bis Linke alle vom Geist der Flasche beeinflusst sind und lieber noch ein Milliönchen mehr kassieren würden.

Gut, dass BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit ihrem starken Veto verhindert haben, dass Krieger einen weiteren Baumarkt im Hammfeld errichtet. So haben wir einen Teilerfolg errungen, auch wenn wir mit der Ansiedlung eines Fahrradgroßhändlers natürlich nicht glücklich sind.

Ein Fahrradgroßhändler dort bedeutet schließlich die Gefährdung der kleinen Fahrradgeschäfte in den Stadtteilen. Wären Sie, Herr Bürgermeister, vor einem Jahr unserem  Vorschlag gefolgt, dort innovatives Gewerbe anzusiedeln, wären wir hier sicher ein Stück weiter. Wer den städtischen HH stabilisieren will, muss ein Auge auf neue zukunftsträchtige Gewerbeansiedlung legen und nicht auf neuen Einzelhandel, der nur einen Verdrängungswettbewerb in Gang setzt. Wir vergeben wichtige Flächen, die wir für die weitere Ansiedlung von Gewerbe benötigt hätten.  Wenn uns  dann ständige Hiobsbotschaften über Abwanderungen von Gewerbebetrieben zu Ohren kommen, läuten bei uns die Alarmglocken.

Trotz allem, Herr Bürgermeister, nehmen wir Ihr Entgegenkommen an die Grünen, die Handelswelt an der Stelle abzuschließen, mit Freude zur Kenntnis.

Fazit:

Wir haben vieles auf den Weg gebracht, und in finanziell schwieriger Zeit ist es uns gelungen, Standards zu halten und sogar Verbesserungen für die Bürgerinnen und Bürger dieser  Stadt zu erreichen. Dass der Haushaltsausgleich erneut nur über Grundstücksverkäufe erfolgt, ist kein gutes Zeichen und lässt sich nicht beliebig wiederholen, dessen muss sich jedes Ratsmitglied bewusst sein.

Gemeinsam mit unserem Koalitionspartner CDU werden wir dem Haushalt 2017 zustimmen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

Neuss, 16.12.16