Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren,
meine lieben Kolleginnen und Kollegen,
im Regelfall stehe ich hier, um den zu verabschiedenden Haushalt zu bewerten und zu kommentieren. Wer hätte gedacht, dass ich einmal hier vor Ihnen stehen würde, um den scheidenden Bürgermeister Herbert Napp im Namen des Rates zu verabschieden?
Da das Ansinnen nun an mich herangetragen wurde, mit der Begründung, dass ich mittlerweile der dienstälteste Fraktionsvorsitzende in diesem Rat bin, will ich versuchen, dem Anlass in meiner eigenen Art gerecht zu werden.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Napp, lieber Herbert,
die Stadt Neuss hat vieles durchlebt und geriet nicht selten in die Schlagzeilen: Größtes Schützenfest am Rhein, die Stadt mit Charme und Chancen, die längsten Staus zwischen Wuppertal und Krefeld und diverse Korruptionsgeschichten, aber, dass wir bei einer Höhe von nur 50 Metern über dem Meeresspiegel mal über einen Vesuv in dieser Stadt zu berichten haben, hätten weder Geologen noch Biologen für möglich gehalten und wir im Rat am allerwenigsten.
Aber die Realität widerspricht sämtlichen Naturgesetzen, sowie Herbert Napp selbst. Ist er doch selbst als bekennender Raucher in der Diskussion um das so genannte Nichtraucherschutzgesetz in die Geschichte von Neuss eingegangen.
Dennoch sage ich Ihnen im gleichen Atemzug, den scheidenden Bürgermeister auf diesen Vergleich zu reduzieren, würde ihm bei weitem nicht gerecht werden. Deshalb Herr Napp; nehmen Sie diesen Ehrentitel als das, was er zukünftig sein wird: Eine nette Anekdote am Rande einer langen, bewegten und durchaus verdienstvollen Amtszeit, über die noch Generationen schmunzeln werden. (Ich meine die Anekdote, nicht die Amtszeit!)
Als ich 1999 in den Rat gewählt wurde, saßen Sie schon auf dem Bürgermeisterstuhl und ich hatte als Oppositionspolitiker leider nicht viel zu schmunzeln. Von daher fällt es mir natürlich nicht leicht, Ihre Erfolge auch als solche zu präsentieren. Ich erinnere nur an die seinerzeit geplante Skihalle, die meine Fraktion aus ökologischen Gründen ablehnte und die durch Ihr stringentes Mitwirken dem Landwirt zwar eine Straße über seinem Acker bescherte, der Stadt aber gleichzeitig den von uns nicht erwünschten Kühlschrank. Sie können heute zu Recht sagen, dass Sie der Stadt mit dieser Ansiedlung zu überregionaler Bekanntheit verholfen und die Wirtschaftskraft gesteigert haben.
Die Wirtschaftskraft von Neuss zu stärken, war immer Ihr erklärtes Ziel. Dass Sie dies erreicht haben, beweisen die stetig steigenden Steuereinnahmen. Der Umbau der Stadtverwaltung zu einem Konzern Stadt ist Ihnen in weiten Teilen gelungen. Ich sage jetzt nicht, dass alle im Rat begeistert von den Ausgliederungen waren. Städtische Betriebe in effektive Wirtschaftsunternehmen umzuwandeln, fand nicht nur Befürworter. Im Gegenteil war es ein hartes Ringen, bei dem Sie sich letztendlich mit der CDU/FDP Mehrheit durchsetzen konnten. Bezogen auf die Stadtwerke mit ihren Töchtern haben Sie ein zukunftsfähiges und ertragreiches Unternehmen entscheidend mitgestaltet, das den städtischen Haushalt jährlich um über 10 Millionen Euro entlastet.
Sie haben an vorderster Stelle mitgewirkt, den Bauverein zukunftsfähig zu machen, um seiner Bestimmung gerecht zu werden, durch den Verkauf hochwertigen Wohneigentums, preiswerten und sozialen Wohnraum in dieser Stadt zu schaffen und zu erhalten. Auch waren Sie es, der sich gegen erbitterten Widerstand der Downingstreet Nr.10 durchsetzte, um einen langjährigen Wunsch der Grünen auf einen autofreien Markt durchzusetzen. Unsere Vision und Ihre Beharrlichkeit führten zu der wunderbaren Marktplatzgestaltung mit ihrem tollen Flair, dafür müssen wir Ihnen Dank und Respekt zollen.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, meinen Worten können Sie entnehmen, dass wir es nicht immer leicht hatten, mit diesem unserem Bürgermeister. Ich spreche jetzt nicht nur für die Opposition, sondern für alle Stadtverordneten! Denn Herbert Napp ist wie kein zweiter gewieft und mit sämtlichen taktischen Raffinessen und Verschlagenheiten ausgestattet. Dass er zur Erreichung seiner Ziele nicht immer zimperlich war, können viele Gegenspieler bestätigen. Er war unbequem, streitbar und vielschichtig. Aber er handelte nicht aus Eigennutz, sondern immer zum Wohle der Stadt. Ob das letztendlich tatsächlich immer zum Wohle der Stadt ausgegangen ist, mögen andere beurteilen. Sein vorbildlicher Einsatz in der aktuellen schwierigen Situation zur Unterbringung der Neuss zugewiesenen Flüchtlinge muss an dieser Stelle ebenfalls ausdrücklich erwähnt werden.
Er hat sein Herz für Kunst und Kultur bewiesen, Das Rheinische Landestheater aus seinem Dornröschenschlaf an der Drususallee zu erwecken und an exponierter Stelle in einen fast Neubau unterzubringen, geht auf seine Initiative zurück. Auch wenn er nicht zwingend das große Theater liebte, so aber doch das kleine (Theater am Schlachthof), welches heute durch seine Fürsprache im Rat heute noch besteht.
Er prägte den Namen „Stadtreperatur“ im Hinblick auf die von den Nationalsozialisten niedergebrannte Synagoge und sorgte dafür, dass die jüdische Gemeinde heute wieder ein Zuhause in Neuss hat. Dafür bin ich Herrn Napp auch persönlich sehr dankbar. Er ist sogar ein Mann des Kompromisses: Obwohl er kein glühender Verfechter der Straßenbahn in der City war, das kann wirklich niemand behaupten, ist es ihm gelungen, bei 50 % Befürwortern und 50 % Straßenbahngegnern den gordischen Knoten zu durchschlagen und aus einer zweigleisigen eine eingleisige Bahn zu kreieren, die von fast allen Neussern akzeptiert wird.
Auch der Hafen war ihm immer ein besonderes Herzensanliegen. Allerdings konnten wir uns des Eindrucks nicht erwehren, dass Herbert Napp den Hafenumbau in eine ganz andere Richtung lenken wollte. Herbert träumte von einem sauberen und aufgeräumten Hafen mit schicken Büroflächen, exklusivem Wohnen am Wasser und Gastronomie in gehobenem Hafenambiente. Spät, aber nicht zu spät erkannte er, dass wir Neuss und nicht Düsseldorf sind und vollzog eine halbe Rolle rückwärts. Die Fusion mit Düsseldorf war der richtige Weg und heute sind wir am Hafenbecken 1 mit Pierburg gut aufgestellt.
Diese Wandlungsfähigkeit zeigt, Herbert Napp war und ist auch lernfähig. Er kämpfte an vielen Fronten, stand wie eine Eiche und nicht einmal ein Treppensturz konnte ihn wirklich zu Fall bringen.
Die Liste seines Wirkens ist lang, viel länger als der Rahmen einer jeden Rede. Deshalb kann ich hier und heute nur ein paar persönliche Eindrücke wiedergeben.
17 Jahre wirkte Bürgermeister Herbert Napp an der Spitze von Rat und Verwaltung. Der dienstälteste Bürgermeister geht am 20.Oktober in den wohlverdienten Ruhestand, aber wie schon Trude Herr gesungen hat: Niemals geht man so ganz…
…und das schlimme an Vulkanen ist: Sie brodeln ständig, spucken zuweilen Asche und Rauch, manchmal auch heiße Lava und brauchen extrem lange bis sie erkalten. Von daher bin ich mir sicher, dass auch uns dieser Vesuv noch viele Jahre erhalten und darüber hinaus noch vielen Generationen im Gedächtnis bleiben wird.
Bleibt mir jetzt nur noch, den Dank des Rates für die langjährige gemeinsame Zeit und Zusammenarbeit mit Ihnen Herr Bürgermeister Herbert Napp auszusprechen und Ihnen einen angenehmen Unruhestand in möglichst guter Gesundheit zu wünschen.
Michael Klinkicht
Fraktionsvorsitzender BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN