Digital mobil im Alter

Gemeinsamer Antrag der Koalitionsfraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Sitzung des Sozialausschusses am 15.11.2018:

Antrag:

Die Verwaltung wird beauftragt  ein Konzept zu erarbeiteten, wie Technikbegleiter/-innen und Technikbotschafter/-innen ausgebildet werden können. Es soll weiterhin geprüft werden, ob dieses Projekt in bestehende Strukturen (z.B. Lotsenpunkte) integriert werden kann.  Ziel ist die Teilhabe von älteren Menschen am gesellschaftlichen Leben in Zeiten des digitalen Wandels.

Damit dieses Projekt zeitnah umgesetzt und eine entsprechende Schulung finanziert werden kann, beantragen wir, Haushaltsmittel  in Höhe von

10.000 € für das Haushaltsjahr 2019 einzustellen.

Begründung:

Dieser Antrag entspricht den in der Digitalen Agenda der Stadt Neuss abgestimmten Zielen.

Digital mobil im Alter sein bedeutet mehr Optionen zu haben. Es wirkt positiv auf gesellschaftliche Teilhabe und sozialer Spaltung entgegen. 

Unterstützt wird eine möglichst lange Selbstständigkeit und vor allem Unabhängigkeit! Die meisten älteren Menschen möchten unbedingt in ihrem häuslichen Umfeld bleiben oder selbstständig leben im Quartier. 

Die Möglichkeiten der Digitalen Techniken sind heutzutage immens und vielseitig anwendbar.

Technikbegleitung bedeutet die Unterstützung von älteren Menschen beim Umgang mit technischen Geräten, digitalen Medien und internetbasierten Diensten, weiterhin die Förderung von Technik- und Medienkompetenzen. 

Dazu können Schulungen, Technik-Sprechstunden und individuelle Hilfestellungen, z.B. in der eigenen häuslichen Umgebungen, angeboten werden.

Technikbotschafter/-innen sind bürgerschaftlich engagierte Personen, sie bieten Technikbegleitung für Ältere an und unterstützen beim Umgang mit technischen Geräten und digitalen Medien, fördern so die Technik- und Medienkompetenz der Älteren.

Argumente für Technikbegleitung

  • Viele ältere Menschen haben Interesse an modernen Technologien und dem Internet. 55% der ab 65 Jährigen waren 2017 „Onliner“, kontinuierliche Zunahme seit 1997, d.h. ca. 10 Mio. Ältere sind aber noch offline!
  • das Angebot von Technikbegleitung erfüllt einen Bedarf, den viele Ältere tatsächlich haben.
  • mit dem Engagement der Technikbotschafter*innen können auch diejenigen Älteren erreicht werden, die bisher wenig Erfahrungen mit modernen Technologien und dem Internet haben.

Veränderung des Menschen im Alter

Mit zunehmendem Alter gehen Veränderungen einher, welche verschiedenste Bereiche der Lebenswelt betreffen. Dazu zählen u a. 

  • die sensorische
  • die motorische
  • die kognitive Leistungsfähigkeit.

Deshalb sind Technikkompetenzen wichtig für ein langes, selbstbestimmtes Leben im eigenen Haushalt.

Durch Anpassungsprozesse, sogenannte Kompensationsstrategien, können Defizite (in unterschiedlichem Umfang) ausgeglichen werden.

Darüber hinaus kann auch der Einsatz technischer Lösungen zur Kompensation beitragen.

Chancen digitaler Kompetenzen 

Digitalisierung für das Alter ist Teilhabe und beugt somit der Alters-Diskriminierung vor! Die älteren Menschen sollen dazu eingeladen werden, Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen, bzw. ihnen soll die Möglichkeit angeboten werden, ihr Alter besser zu gestalten.

Beherrschung aktueller Technologien ermöglicht, sehr lange ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben zu führen:

  • Kontakt mit Familie und Freunden ist auch über große Distanzen möglich, auch bei eingeschränkter Mobilität.
  • Ausschluss – bezogen auf Quartiersaktivitäten – kann vorgebeugt werden
  • Eine selbstständige Versorgung durch Nutzung von Onlineangeboten und Dienstleistungen wird ermöglicht z.B.: 
      • Online-Banking  immer mehr Geschäftsstellen von Geldinstituten schließen
      • Einkaufsmöglichkeiten ändern sich deshalb sollen Menschen die Kompetenz haben, sich digital zu versorgen (Lebensmittel, Getränke, fertige Menus können ohne Probleme bestellt werden)
      • Telemedizin  schnelle und direkte Versorgung durch med. Fachpersonal
      • Arzneimittelversorgung, schnelle Kontakte zu Pflege-, Rettungsdiensten
      • Zeitung lesen
      • Informationen darüber bekommen, was in „meinem Quartier“ angeboten wird
      • Reisen und Konzerte buchen und selbst Partnerschaftsbörsen sind ganz gewiss auch noch für ältere Menschen von Interesse.
  • Motorische Beeinträchtigungen lassen sich teilweise kompensieren  Smart 

Home

  • Mehr Infos und Wissen. Aber auch Spaß, z.B. mit Spielen (die auch gemeinsam praktiziert werden können, ohne sich physisch zu treffen)
  • mehr ältere Technik-Nutzer*innen sorgen für mehr altersgerechte Angebote
  • Kosteneinsparung durch längeres Verweilen im eigenen Haushalt statt in einer Pflegeeinrichtung

Dies alles unterstützt selbstbestimmtes Leben und Wohnen im Alter!

Hürden der Techniknutzung

  • Geringe selbst zugeschriebene Internetkompetenz
  • Unbedarftheit
  • (Sicherheits-) Bedenken und Unsicherheit vor allem bei der Veröffentlichung persönlicher Daten 
  • Überforderung und Gefühl der Hilflosigkeit (55% nehmen Hilfe von „Experten“ aus dem Bekanntenkreis und der Familie in Anspruch)
  • vielen Menschen macht die zunehmende Digitalisierung ihrer Lebens- und Arbeitswelt Angst
  • soziale Lage (Bildung, Einkommen, Erwerbstätigkeit, Beziehungen)
  • Dimensionen des Alterns

Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, braucht es Technikbotschafter/-innen, d.h. engagierte Bürger/-innen, die im Rahmen ihres ehrenamtlichen Engagements auf Augenhöhe dazu beitragen, die benötigten Kompetenzen zu vermitteln. 

Siehe auch die Bertelsmann-Studie „Digitalisierung für mehr Optionen und Teilhabe im Alter“ (externer Link)

https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/Projekte/Smart_Country/DigitaleTeilhabe_2017_final.pdf