Alexander-von-Humboldt-Gymnasium fragt – Susanne Benary-Höck antwortet

Susanne Benary-Höck Foto: Bathe
Susanne Benary-Höck
Foto: Bathe

Sehr geehrter Herr Steudtner, liebe Schülerinnen und Schüler,

vielen Dank, dass Sie sich in Ihrem Kurs so intensiv mit der anstehenden Bürgermeister(in)-wahl beschäftigen. Ich halte es für zentral, bei jeder Wahl tatsächlich die Möglichkeit der Wahl zu nutzen. In anderen Ländern wird für dieses Recht gekämpft, und bei uns wird dieses Mittel, demokratisch zu entscheiden, häufig nicht mehr wahrgenommen.

Gerne beantworte ich Ihre Fragen, um Ihnen die Wahl zu erleichtern und dazu beizutragen, dass Sie die unterschiedlichen Positionen der Kandidaten erkennen.

Da die Fragen allerdings sehr komplex sind, ist es nicht leicht, sie mit allen Facetten zu beantworten, ohne dass der Text dann zu lang wird.

Ich möchte Sie daher auf eine Veranstaltung des BDKJ am 10.09.2016 um 19:00 Uhr im Kardinal-Frings-Haus aufmerksam machen, in der es explizit die Möglichkeit für Jugendliche gibt, alle Kandidaten kennen zu lernen und zu befragen. Es wäre schön, wenn der eine oder andere von Ihnen Interesse zeigt und Zeit findet.

Falls Sie zur Bürgermeisterin gewählt werden, was würden Sie als Erstes tun?

Die Antwort auf diese Frage ist sehr pragmatisch. Ich würde zuerst versuchen, einen guten Kontakt mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Verwaltung herzustellen und einen Einblick in die zentralen Verwaltungsabläufe zu bekommen. Zudem würde ich mich bemühen, sofern es notwendig ist, Abläufe in der Verwaltung für den Bürger und die Mitarbeiter angenehmer zu gestalten.

Abgesehen davon würde natürlich ein „Kassensturz“ anstehen. Ich würde mich bemühen, dass soziale Aspekte wieder stärker betont werden.

Sie sagen, dass Sie sich für eine präventive und qualitativ gut ausgestattete Jugend- und Sozialarbeit einsetzen würden. Was genau verstehen Sie unter einer präventiven und qualitativ gut ausgestatteten Jugend- und Sozialarbeit?

Zu dieser Frage kann man sehr viel schreiben, ich versuche jedoch, mich zu begrenzen. Für eine gute Jugend- und Sozialarbeit bedarf es Geld im Rahmen der freiwilligen Leistungen. Zu den freiwilligen Leistungen der Kommunen gehören z.B. die Finanzierung von Jugendzentren, Beratungsstellen und Beteiligung an Projekten.

Ich habe mich immer dafür eingesetzt, dass die Jugendzentren (z.B. Haus der Jugend) ausreichend Geld bekommen und es zu keiner Kürzung der Mittel kommt. Es kann zwar mit Beteiligung der Jugendlichen darüber diskutiert werden, ob Standorte gewechselt oder zusätzliche Jugendzentren geschaffen werden sollten, aber es darf in diesem Bereich auf keinen Fall zu weiteren Einsparungen mehr kommen.

Ein weiteres Beispiel ist, dass ich mich für gut ausgestattete Kindergärten einsetze. Diese haben ein Finanzierungsproblem. Das ist ein Thema, dass sowohl auf Landesebene als auch kommunaler Ebene gelöst werden muss. Die Kosten, die nun nicht mehr für das Betreuungsgeld aufgewendet werden müssen, könnten z.B. direkt in die Kindergärten fließen. Die Kommune könnte zusätzlich Geld für die Kindergärten in die Hand nehmen. In personell gut ausgestatteten Kindergärten kann sich sowohl gut um die Kinder gekümmert als auch den Eltern geholfen werden, die z.B. Probleme bei der Erziehung ihrer Kinder haben.

Andere Aspekte sind: die Vereinbarkeit von Kindererziehung und Beruf, eine mögliche Absenkung der Kindergartenbeiträge, die Ausweitung der Öffnungszeiten der Kindergärten, ausreichende Plätze in Kindergärten und Offenen Ganztags-schulen.

Ein wichtiges übergeordnetes Thema ist dabei aber auch, dass es ausreichend bezahlbaren Wohnraum für die Bürgerinnen und Bürger in allen Stadtteilen gibt.

Wie stehen Sie zu der Aufnahme von Flüchtlingen?

Ich stehe der Aufnahme von Flüchtlingen positiv gegenüber und stehe hinter dem bereits von der Verwaltung entworfenen Konzept zur dezentralen Unterbringung von Flüchtlingen in Neuss. Hier ein paar Stichworte dazu, was ich mir konkret vorstelle:

Integration kann nicht nur eine Aufgabe der Verwaltung sein. Auch Unternehmen, Bürgerinnen und Bürger sind hier gefragt, sich zu engagieren und die neuen Mitbürger/innen freundlich und offen zu empfangen.
Dies konkret vor Ort umzusetzen bedarf m.E. eines Gesamtkonzepts, das erarbeitet werden muss. Hier einige Gedanken dazu:
Die menschenwürdige Integration von Flüchtlingen ist ein Thema, dass viele Bereiche umfasst. Damit diese Aufgabe von Seiten der Verwaltung gut koordiniert werden kann, hat Düsseldorf dafür eine Flüchtlingsbeauftragte eingestellt. Dies könnte ich mir auch für Neuss gut vorstellen.
Damit die Integration von Kindern in die Kindergärten in Neuss gut geplant und konzeptionell durchdacht wird, habe ich als Vorsitzende des Jugendhilfeausschusses das Thema in einer Sondersitzung auf die Tagesordnung setzen lassen. Viele Kinder sind traumatisiert und benötigen eine besonders sensible Betreuung. Auch im Schulbereich sollte sich mit diesem Aspekt beschäftigt werden.
Gemeinsam mit den Sozialverbänden ist die Verwaltung gefordert, Konzepte zu erarbeiten, wie die Flüchtlinge in den einzelnen Standorten psychosozial betreut, beraten und gesundheitlich versorgt werden können.
Gemeinsam mit der Wohnungswirtschaft muss überlegt werden, wie ausreichend zusätzlicher Wohnraum geschaffen werden kann, damit die Menschen möglichst kurz in den dezentralen Unterkünften leben.
Viele Bürgerinnen und Bürger sind bereit, sich ehrenamtlich zu engagieren. Es sollte möglichst schnell mit den Verbänden abgesprochen werden, wie eine Begleitung, Beratung, Vernetzung und Qualifikation dieses ehrenamtlichen Engagements sichergestellt werden kann.
Gemeinsam mit den Trägern der beruflichen Bildung sollte überlegt werden, wie insbesondere den jungen Menschen entweder ein guter Einstieg in den Arbeitsmarkt oder eine Ausbildung ermöglicht werden kann. Selbstverständlich sollten sich die Unternehmer vor Ort an diesem Prozess auch beteiligen.
Integration muss auf Augenhöhe erfolgen. Flüchtlinge sind eine Chance für unsere Gesellschaft. Der neu gegründete Verein „Raum der Kulturen“ kann ein Anlaufpunkt sein, wo Flüchtlinge, Migranten und Deutsche sich begegnen können.
Würden Sie etwas gegen die Errichtung eines Konverters im Westfeld unternehmen?

Die Entscheidung in welcher Region ein Konverter gebaut wird, wird nicht auf kommunaler Ebene getroffen. Generell stehe ich dem Bau eines Konverters eher skeptisch gegenüber insbesondere, denn er dient nur dazu, „klimaschädlichen“ Strom aus Braunkohle aus Grevenbroich-Neurath in Regionen wie Bayern zu transportieren, in denen sich nicht ausreichend um alternative Energien bemüht wird. Ist der Bau eines Konverters in unserer Region nicht abzuwenden, sollte er nur auf einer Fläche gebaut werden, wo der Mindestabstand von 1 km zur Wohnbebauung gesichert ist.

Was für Projekte Sie für die Langzeitarbeitslosen geplant haben?

Konkrete Projekte für Langzeitarbeitslosen werden von den Trägern der beruflichen Bildung geplant und viele werden über das Jobcenter mit refinanziert. Die Zuständigkeit dafür liegt nicht bei der Kommune. In einigen Bereichen ist allerdings ein Anteil der Kommune gefordert, damit ein Angebot laufen kann. Ein Beispiel dafür ist die Produktionsschule, in denen Jugendlichen, die Probleme haben, sich den Anforderungen des Arbeitsmarktes schon zu stellen, nochmal ein Jahr auf den Arbeitsmarkt vorbereitet werden. Ziel ist, dass diese Jugendlichen nicht direkt nach der Schule arbeitslos werden, sondern eine Chance bekommen, den Einstieg ins Arbeitsleben zu finden.

Bei den Trägern der beruflichen Bildung gibt es Projekte, die Menschen, die lange arbeitslos waren, dazu befähigen sollen, wieder mit den Anforderungen des Arbeitsmarktes zu recht zu kommen. Wichtig ist dabei auch, dass diese Menschen darin unterstützt werden, im Anschluss an die Maßnahme einen Arbeitsplatz zu bekommen. Da könnte die öffentliche Verwaltung mit ihren städtischen Töchtern eine Art „Vorbildfunktion“ für andere Arbeitgeber in der Stadt bekommen und entsprechende Jobangebote mit einem entsprechenden Einarbeitungsprogramm bieten.

Für weitere Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung und würde mich über eine persönliche Begegnung entweder am 10.09.2015 oder an einen unserer Wahlstände in der Innenstadt am 05.09.2015 und 12.09.2015 sehr freuen.

Susanne Benary-Höck

(Bürgermeisterkandidatin)