Jamaika-Sondierung an der Neusser Parteibasis

Susanne Benary-Höck

Artikel aus der NGZ vom 28.10.2017:

Sie betonen das Gemeinsame. Noch. In Berlin bei der Sondierung für eine Jamaika-Koalition und in Neuss an der Parteibasis. Jörg Geerlings (CDU) lobt die guten Erfahrungen, die seine Partei vor Ort „in der Zusammenarbeit mit der FDP als auch mit den Grünen“ habe machen können. Im Rat mit den Grünen, im Kreistag mit der FDP. Susanne Benary-Höck (Grüne) spricht von der „Verantwortung zur Regierungsbildung“, der sich die Parteien stellen müssten. Dass die Verhandlungsführer von Union, Liberalen und Grünen an der Spree diese Verantwortung ernst nehmen, spürt Michael Fielenbach (FDP) auch hierzulande am Rhein: „In den Gesprächen scheinen Realitäten und nicht Ideologien zu dominieren.“

Während in Berlin ihre Spitzenpolitiker sondieren, geben sich die Vorsitzenden der drei beteiligten Parteien in Neuss in ihren offiziellen Stellungnahmen staatstragend-zuversichtlich. Auf Nachfrage wird dann aber schnell klar: die Mitglieder an der Basis sind skeptisch. Drastisch formuliert es Susanne Benary-Höck: „In der Jamaika-Frage ist die Mitgliedschaft gespalten.“ Hier die Befürworter, die in einer Regierungsbeteiligung die Chance sehen, deutsche Politik mit grünen Positionen zu gestalten. Vor allem viele Ratsmitglieder der Grünen, die in einer Koalition mit der CDU stehen, gehören zu den Pro-Jamaikanern. Die Skeptiker fürchten, dass grüne Überzeugungen aufgegeben werden. Benary-Höck fasst das so zusammen: „Eine Koalition lebt von Kompromissen, aber Grundrechte wie das Recht auf Asyl oder unsere Uranliegen wie der Klimaschutz sind unverhandelbar.“

So bleiben in Neuss Knackpunkte, die auch in Berlin offen zu Tage treten. Flüchtlingsfrage und Umweltschutz. Jörg Geerlings, der bei einem Stammtisch im Stadionviertel der Basis aufs Maul schaute, bringt die CDU-Erwartungen in Stellung: „Das Ziel darf nicht alleine heißen, die Kanzlerin zu stellen. Als CDU wollen wir einen klaren Kurs bei für uns wichtigen Themen durchsetzen, zum Beispiel klare Kante bei der Inneren Sicherheit und eindeutige Regeln bei der Migration.“

Michael Fielenbach spricht mit Blick auf die Jamaika-Sondierung von einer „Zukunftsoption“, die die Neusser FDP-Mitglieder „ausdrücklich“ begrüßen. Bereits in NRW sei der „notwendige Politikwechsel“ in Bildung, Wirtschaft und Energie gelungen, der nun auch in Berlin herbeigeführt werden könne: „Mit dem Wiedereinzug der FDP in den Bundestag und den derzeit laufenden Sondierungsgesprächen zwischen CDU/CSU, der FDP und den Grünen besteht nun die Möglichkeit, diesen Politikwechsel auch auf Bundesebene fest zu verankern.“ Die liberale Erwartungshaltung gegenüber den Grünen: „Natürlich sind die Grünen ja auch der Wirtschaft verpflichtet und können nicht mehr überall ,aussteigen‘, oder von Technologieverboten leben.“ Doch auch Fielenbach bleibt Optimist: „Insoweit kann uns Jamaika auf den richtigen Weg bringen.“

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