Neuss: Radfahrer erobern die Einbahnstraßen

Artikel aus der NGZ von Christoph Kleinau

Die Stadt will den Radfahrern neue Wege öffnen. Im geheim tagenden Arbeitskreis Rad und Fuß stellte die Verwaltung am Montagabend dazu Pläne für einen Umbau der Kanalstraße vor, die für Radler gegen die Fahrtrichtung der Einbahnstraße geöffnet werden soll. Sie ist eine wichtige Achse Richtung Innenstadt, wird aber nicht isoliert gesehen. Prinzipiell könnten auch die angrenzende Erft-, Grün-, Stern- und Liedmannstraße sowie die Breite Straße ganz oder in Abschnitten gegenläufig geöffnet werden. Wenn das für alle Verkehrsteilnehmer sicher gestaltet werden kann, soll das auch so geschehen.

Die fünf bis zehn Parkplätze, die in den Kreuzungen für eine bessere Übersicht geopfert werden müssten, sollten nach Ansicht von Heribert Adamsky vom ADFC nicht das Problem sein. „Wir sehen die Chance, solche technischen Probleme zu lösen“, sagt er.

Nicht nur ihn freut, dass sich in der fahrradfreundlichen Stadt Neuss die Prioritäten zu verschieben beginnen. Das zeigt sich in kleinen Dingen wie der unangekündigten Öffnung der Klostergasse, einer Verlängerung der Rathauspassage Richtung Promenade. oder der Freigabe einzelner Wege im Stadtgarten für Radler, mit der Roland Kehl (Grüne) schon bald rechnet. Vor allem aber scheint die Zeit der „Klein-Klein-Diskussionen“ über Lückenschlüsse oder Ergänzungen vorbei zu sein. Jetzt darf in größeren Zusammenhängen gedacht werden.

Sascha Karbowiak (SPD) nennt das konsequent: „Mit der Aufnahme in die Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Städte haben wir uns verpflichtet, die Situation der Radfahrer zu verbessern“, sagt er. Und an der Kanalstraße wittert nicht nur er die Möglichkeit, eine erste Fahrradstraße in Neuss zu schaffen.

Für Planungsdezernent Christoph Hölters ist diese Lösung, die Rad- Vorrang vor Autofahrern einräumt, eine echte Option. Aber er spricht sie noch nicht offen aus. Denn eine solche Widmung würde bedeuten, dass die Kanalstraße eine Vorfahrtsstraße würde – und damit die Vorfahrtsregelungen im Vergleich zur Ist-Situation komplett umgedreht würden.

Gar nicht störend fanden die meisten Diskussionsteilnehmer im AK Rad und Fuß, dass die Stadt entlang der Kanalstraße die Ampeln an der Kreuzung mit der Erft-, aber auch der Breite Straße abbauen möchte. Statt dessen sollen in den Einmündungen die Fahrbahnen auf Bordsteinniveau angehoben werden. Das dient nicht nur der Verkehrsberuhigung, sondern macht auch die Benutzung der Gehwege, die in unveränderter Breite bestehen bleiben, barrierefrei.

Die Gedanken zur Neuaufteilung des Straßenraumes hängen mit der demnächst nötigen Kanalerneuerung in der Kanalstraße zusammen. Die Politiker sollen sich schon früh Gedanken darüber machen, wie im Anschluss daran der Straßenraum neu geordnet wird. Im Fall der Römerstraße war das im Vorjahr nämlich gründlich schief gegangen.

Für Roland Kehl und die Grünen stellen die Pläne einen Quantensprung dar. Nächsten Mittwoch beschäftigen sie auch den Planungsausschuss.

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