Integrationsförderpreis 2015

Ghalia El Boustami Foto: WOI
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Ghalia El Boustami
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Laudatio von Ghalia El-Boustami

Nehmen Sie junge Leute, denen die Stadt Neuss am Herzen liegt, weil sie hier aufgewachsen sind. Stellen Sie sie in ein Umfeld, in dem sie nicht die gleichen Chancen haben, wie andere – sie gehen auf die Hauptschule vielleicht, ihre Eltern arbeiten, und sind, wie man heute sagt – bildungsfern.

Dann geben Sie diesen Jugendlichen die Chance, Personen kennenzulernen, die an sie glauben. Sehen Sie zu, wie sie ihre Wege gehen, und sich zum Teil für einen pädagogischen Beruf entscheiden, um die positiven Erfahrungen weiterzugeben, die sie erfahren haben. „Du schaffst das“, „Du bist wertvoll“, das Gefühl wollen sie vermitteln.

Fatma Saglam hat Mathematik auf Lehramt studiert und dabei ihr Talent entdeckt. Nun schreibt sie ihre Doktorarbeit zum Thema Vermittlung von Mathematik und unterrichtet Studenten an der Heinrich-Heine-Universität. Umut Ali Öksüz ist wissenschaftlicher Mitarbeiter von Frau Dr. Boos-Nünnig, DIE Autorität im Forschungsbereich Bildungschancen bei Migrantenkindern und Familien. Beide haben im Rahmen eines Praktikums angefangen, in einem Lernzentrum als Honorarkräfte zu unterrichten. Genauso war es bei Janine Hildebrandt. Die Erfahrung, dass sie als Vorbilder eine positive Wirkung auf die Kinder und einen guten Zugang zu deren Eltern haben, hat die drei dazu ermutigt, die Kinder noch intensiver zu begleiten. Und in Tuchfühlung mit ihnen zu bleiben. Es wäre leicht gewesen, sich der eigenen Karriere zu widmen. Aber die Arbeit mit den Kindern macht ihnen sehr viel Spaß, das merkt man, wenn man sich mit ihnen über ihre Ferienprojekte unterhält.

Die Stadt Neuss mit ihren tollen kulturellen Angeboten gemeinsam mit den Kindern zu entdecken und dadurch den Kindern völlig neue Welten zugänglich zu machen, ist schnell das Ziel.

Alle Ferienzeiten seit 2011 sind die drei damit beschäftigt, mit den Kindern des Lernzentrums, und bald mit weiteren aus unterschiedlichen Schulen in Neuss, Kunstprojekte zu entwerfen und durchzuführen. Anfänglich ganz allein, dann mit der Unterstützung von Künstler/innen der Alten Post und des Theaters am Schlachthof, Mitarbeiter/innen der Stadtbibliothek, des Clemens-Sels-Museum, des Schützenmuseums… Die Gruppen sind bunt gemischt, immer neu zusammengestellt, die Projekte sind sehr beliebt und erreichen viele Kinder und Familien, die von sich aus nicht den Weg ins Museum oder ins Theater finden würden. Es wird ausprobiert, die Kinder werden miteinbezogen in der Ideenentwicklung, die Eltern unterstützen tatkräftig, z.B. beim Essenzubereiten. Die Projekt-Leiter/innen suchen nach Fördermöglichkeiten, z.B. über den Kulturrucksack, so dass die Projekte für die Kinder mittlerweile kostenlos sind. Sie arbeiten aber selbst komplett ehrenamtlich. Und werden es weiterhin tun.

Auch wenn ein Kind Unterstützung braucht, z.B. sonntags, weil am Montag eine Arbeit geschrieben wird und es verunsichert ist – „schaffe ich das?“ – sind sie einfach da. Ohne zu zögern. Das nenne ich, Pädagoge/in im Herzen zu sein.

Als ich Fatma, Umut und Janine kennenlernte, waren sie eine informelle Gruppierung. Mittlerweile haben sie sich als Initiative formiert und nennen sich „Interkulturelle Projekthelden“. Mehrere Mitstreiter/innen sind dazugekommen. Gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen entwickeln sie gerade ein Logo und haben Riesenspaß dabei. Was für eine Energie in ihnen steckt, ist einfach unglaublich. Bald wollen sie einen Verein gründen – und die Stadt Neuss mit ihren unzähligen kleinen und großen Helden kann nur davon profitieren. Auch im Raum der Kulturen seid Ihr, liebe Interkulturelle Projekthelden, als neuestes Mitglied gut aufgehoben, was mich als Vorsitzende ganz besonders freut. Bei mir auf jeden Fall ist der Funke der Begeisterung übergesprungen und ich freue mich sehr, Euch zum Integrationsförderpreis der Stadt Neuss 2015 ganz herzlich zu gratulieren.

Ghalia El Boustami